ORC Polish Nationals und ORC European Championship Gdansk 2017
1,5 Wochen Polen, war das schön. Und war das regnerisch!
Auch wenn in unseren Breitengraden grundsätzlich nicht immer das schönste Wetter vorherrscht – hat uns diese Masse an Wasser von oben doch mehr als überrascht…
Aber von vorne: Am 20. Juli ist der Großteil der Crew angereist, um unsere Regattayacht nach der Überführung rechtzeitig wieder rennfähig zu machen. Folglich bestand der Tag aus Umstauen, Segel ein- und auslatten, Proviant einkaufen, und so weiter. Die polnische Meisterschaft wurde auf dem gleichen Gebiet ausgetragen, wie später die Europameisterschaft, weshalb viele Crews diese bereits als Trainingsmöglichkeit vor Ort nutzten. Dies war im Nachhinein eine gute Entscheidung, um das Revier, die Strömungen, die überraschend hohen Wellen, aber auch die Regattaleitung kennenzulernen.
Nachdem wir den ersten Regattatag aufgrund von Problemen mit einem Unter-Want am Mast leider bereits auf der allerersten Startkreuz abbrechen mussten, beendeten wir die polnische Meisterschaft nach 3 Segeltagen dennoch mehr als zufrieden mit einem 4. Gesamtplatz (DNF, DNC, 2, 2, 1).
Am Montag den 24. Juli ging es dann schließlich mit dem offiziellen Teil der Europameisterschaft los: die Vermessung des Bootes stand an, welche wir ohne Probleme durchlaufen sind.
Verwöhnt vom schönen Wetter der Vortage, in der wunderhübschen Hafenstadt Danzig, starteten wir schließlich am Mittwoch den 26. Juli zum ersten offiziellen “Offshore Race“. Nicht nur 55 zu segelnde Seemeilen standen uns bevor, sondern auch ein von Regenwolken übersätes Wetterradar für den Tag. Der Start erfolgte bei hoher, ruppiger Welle und ordentlich Druck in der Luft. Unter fairen Startbedingungen wurden wir von der Regattaleitung auf eine endloslange Kreuz durch die Danziger Bucht geschickt. Nach gefühlten unendlich vielen Stunden im strömenden Regen, aber lediglich 25 gesegelten Seemeilen, konnte endlich der Spinnacker gezogen werden. Ungefähr zeitgleich schlief auch der Wind ein, ließ jedoch eine amtliche, kabbelige Welle zurück, die uns den letzten Nerv raubte. Während wir die schnelleren und deutlich leichteren Boote der Gruppe vor uns noch mit dem letzten Wind gen Ziel davon rutschen sahen, parkten wir mit dem restlichen Großteil des Feldes mitten auf dem Kurs in der Flaute ein. What a day in the office. Während der Triefnasse Spinnacker in der Saling hing, und das Großsegel durch die Wellenbewegung hin- und her flappte, kam endlich der erlösende Funkspruch: Bahnverkürzung! Ungefähr anderthalb Stunden später fuhren wir durchs Ziel. Dank der langen Heimfahrt durch den Industriehafen und das Warten vor der verschlossenen Stadtbrücke gestaltete sich jedoch auch diese Rückfahrt länger als gedacht. Aber alles halb so wild, viele der kleineren Boote sind sogar erst mitten in der Nacht wieder am Steg angekommen.
Die Motivation am nächsten Morgen, bei besseren Bedingungen die ersten Up-&Down Rennen zu segeln, wurde schnell gedämpft: es regnete immer noch, und zwar Bindfäden. Das Boot schwamm von innen, die Segel waren triefnass, und auch unser Ölzeug ist über Nacht nicht einmal ansatzweise trocken geworden. Gefühlte 500kg schwerer segelten wir noch leicht lädiert vom Vortag zwei kurze Rennen, und erkämpften in der 13-Bootsstarken Gruppe A leider nur die Plätze 5 und 7. Die polnische Meisterschaft hat uns gezeigt, dass wir mehr können, weshalb die Motivation für den Folgetag mehr als groß war, die Plätze wieder gut zu machen!
So starteten wir am Freitag voller Elan in den Tag, wurden jedoch bereits im Hafen von der AP-Flagge empfangen – Startverschiebung an Land. Ohne zu zögern nutzten wir die Gelegenheit, jede Luke oder Klappe an Bord zu öffnen, die Segel auszubreiten, und die Klamotten aufzuhängen, um das Boot irgendwie wieder trocken zu kriegen, schließlich hatte es zu diesem Zeitpunkt tatsächlich aufgehört zu regnen! Wenig später wurden wir dann von der Regattaleitung auf die lange See-Autobahn raus aus dem Stadthafen, vorbei an Werften und Containerumschlagsplätzen zur Regattabahn geschickt. Relativ schnell zeichnete sich ab, dass auch draußen kein Wind zu sehen war, sodass AP zügig wieder gesetzt wurde. Umso besser für uns, da abwechselnd jedes Segel in den Mast gezogen wurden, um es in der Sonne zu trocknen. Eine weitere Stunde später etwa, zeigte sich eine kleine Brise am Horizont, die sich durchsetzte und schöne Segelbedingungen mitbrachte. Folglich konnte das erste, und leider einzige Rennen für den Tag angeschossen werden. Hoch konzentriert, und ziemlich schnell segelten wir dem Feld davon und gingen als eines der ersten Schiffe nach einem nahezu fehlerfreien Rennen über die Ziellinie. In leiser Vorahnung, warteten wir gespannt auf die Ergebnisse. Und da war er: ein erster Platz im 4. Rennen der diesjährigen Europameisterschaft!!!! Tagessieger, was für ein Erfolg. Die Freude war riesig, nicht nur bei uns, sondern auch bei der Konkurrenz und den anderen deutschen Crews, die sich alle samt mit uns freuten… Wir haben es geschafft, der starken Konkurrenz zu zeigen, dass hartes Training belohnt wird und wir ganz vorne mitsegeln. Am meisten hat uns gefreut, die beiden unbesiegbar erscheinenden Swan 45 “Blue Nights“ und “Tarok VII“ zu schlagen J. Das starke Ergebnis hat uns dann auch noch direkt auf den dritten Platz in der Gesamtwertung katapultiert, Wahnsinn!
Der Druck für den letzten und entscheidenden darauffolgenden Regattatag war dementsprechend groß! Mit nur kurzer Startverschiebung wurde somit am Samstag das vorletzte Rennen der Serie bei guter Thermik gestartet. Angespannte Nerven, ein zu leicht eingestellter Riggtrimm, und einige kleine Manöver-Unschönheiten ließen die Konkurrenz jedoch an uns vorbeisegeln. Diesen 8. Platz konnten wir aber nicht auf uns sitzen lassen und motivierten uns gegenseitig nochmal alles zu geben. Nach einer kurzen Wettfahrtpause wurde das letzte Rennen unter Black Flag gestartet, was für ein Nervenkitzel. Souverän wie eh und je bestritten wir jedoch den Parcours, und schafften es erneut vor dem Großteil der Flotte ins Ziel. Die Crew der Sportsfreunde konnten wir leider nicht hinter uns lassen, weshalb wir uns mit einem 2. Platz in diesem Rennen zufrieden geben mussten – sehr zufrieden!!!
Nach einem Streicher beendeten wir die Europameisterschaft mit den Ergebnissen 8, 5, 7, 1, (8), 2 mit einem vierten Gesamtplatz, und dem Vize-Europameistertitel in der Corinthian Wertung in der Tasche.
Darüber hinaus haben wir in der Teamwertung den zweiten Platz eingefahren, vielen Dank an dieser Stelle an die tolle Leistung der Crews um die “Dockenhuden Team El Pocko“, “Sportsfreund“, “Sporthotel“, “Immac Fram“ und “Xenia“!
Alles in allem wird uns diese Europameisterschaft nicht nur als erfolgreiches Event in Erinnerung bleiben, sondern als eine super organisierte Veranstaltung mit fairen Rennen, und als eine tolle Segelwoche inmitten der wunderschönen Hafenstadt Danzig! War das herrlich…
Cheers, eure Tutima-Mädels